Aufgeschobenes HIV- und Hepatitis-Programm: Die Schweiz droht den Anschluss zu verlieren

Media Release — 25.08.2021

Wie eben bekannt wurde, hat der Bundesrat beschlossen, das aktuelle nationale Programm zur Bekämpfung von HIV und sexuell übertragbaren Infektionen, welches vor über 10 Jahren erarbeitet wurde, zu verlängern. Damit verzögert sich das Inkrafttreten eines Folgeprogramms um zwei Jahre. Die Erreichung der Eliminationsziele per 2030 für HIV und virale Hepatitis ist damit gefährdet.

Das aktuell gültige nationale HIV-Programm ist seit 2011 in Kraft und wurde im Jahr 2017 schon einmal um vier Jahre verlängert. Nun hat der Bundesrat beschlossen, dass das veraltete Programm nochmals für zwei weitere Jahre als Grundlage für die Präventions- und Aufklärungsarbeit im Bereich HIV, virale Hepatitis und andere sexuell übertragbare Infektionen dienen soll.

Das ist aus mehreren Gründen problematisch. In den letzten 10 Jahren konnten in verschiedenen Bereichen massive Fortschritte erzielt werden. Hepatitis C ist heute, im Gegensatz zu vor 10 Jahren, dank neuer antiviraler Therapien unkompliziert und in wenigen Wochen heilbar. Das wirksamste Instrument in der HIV-Prävention ist heute die Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP genannt, die vor 10 Jahren noch kein Thema war. Zudem will die Weltgesundheitsorganisation HIV und virale Hepatitis bis 2030 eliminieren. Diese Eliminationsziele, auf die sich auch die Schweiz verpflichtet hat, sind im aktuellen Programm nicht enthalten.

Expert:innen und Politik haben das erkannt. Eine Motion des Ständerats Damian Müller, die von Bundesrat und vom Parlament letztes Jahr angenommen wurde, verlangt die Integration von Hepatitis B und C in das nächste nationale Programm. Damit können Synergien mit HIV genutzt und den internationalen Eliminationsbestrebungen Rechnung getragen werden. Die eidgenössische Kommission für Fragen zu sexuell übertragbaren Infektionen (EKSI) hat schon im 2019 eine Roadmap entwickelt, die aufzeigt, wie die Elimination von HIV und viraler Hepatitis dank eines neuen Programms erreicht werden kann.

Mit dem heutigen Entscheid wird die Schweiz weitere zwei Jahre mit einem veralteten Programm als Basis für die Prävention von Infektionskrankheiten, die für die öffentliche Gesundheit bedeutsam sind, weiterarbeiten müssen. Die Schweiz droht so den internationalen Anschluss in der Bekämpfung von HIV und Hepatitis zu verlieren. Das kann teuer werden. Denn Erfolge der Vergangenheit werden zunichte gemacht, wenn neue Präventions- und Therapieansätze nicht strategisch und durchdacht genutzt werden. Wir fordern deshalb, dass der Bund in den nächsten zwei Jahren und bis in Kraft treten eines neuen Programms auch Bekämpfungsmassnahmen im Sinne der EKSI-Roadmap und der oben erwähnten Motion unterstützt.